
Alternative Fakten – geht’s noch blöder?
„Millionen Deutsche sabotieren ihre Rente“ (t-online 7.3.25)
Die Selbst-Saboteure werden im t-online-Artikel genau benannt: Es sind Frauen die, gegen jede Vernunft, nicht für ihre Altersvorsorge sparen. Die Rentenlücke gegenüber den Männern betrage im Durchschnitt 400 Euro im Monat. Der Grund dafür:
„Frauen verdienen im Schnitt weniger, unterbrechen ihre Erwerbszeit häufiger für Kinder oder Pflege und arbeiten öfter Teilzeit“.
Das ist messerscharf und richtig analysiert. Die unglaubliche Lösung des Problems: Von ihrem viel geringeren Einkommen müssten die Frauen viel mehr für private Altersvorsorge abzwacken. So kommt man trotz Armut zu Reichtum? Das ist Sabotage an dem gesunden Menschenverstand. Die Unterschiede zwischen Unvermögen und Dummheit sind bei manchen Journalisten kaum noch aufzulösen.
Der t-online Artikel basiert auf Veröffentlichungen des Portals „Finanztip“. Bereits vierzehn Tage vorher hatte die Tagesschau24-Redaktion getitelt:
„Die Eine-Million-Euro-Rentenlücke“ (ARD-Tagesschau24, 20.02.25)
Tagesschau24 spendierte dem Portal „Finanztip“ über sechs Minuten Sendezeit zum Thema Rente. Nach eigenen Angaben stellt „Finanztip“ „Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher ins Netz“. Doch unabhängig ist es nicht. 2019 wurde „Finanztip“ vom OLG Dresden wegen Schleichwerbung und Irreführung der Verbraucher verurteilt.
Das ist für die Tagesschau-Redaktion anscheinend kein Problem. In der Sendung am 20. Februar ging es um die Schließung der Rentenlücke. Vor der zunehmenden Unterversorgung bei der Rente werden Jahr für Jahr über 30 Millionen Versicherte von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) mit ihrer persönlichen Renteninformation gewarnt.
„Finanztip“ behauptet nun, für Durchschnittsverdiener entstehe im hohen Alter eine Rentenlücke von einer Million Euro. Auf die abenteuerlichen Parameter der Rechnung (Lebensalter 100 Jahre, durchgängig jährliche Preissteigerung von 2 Prozent, aber nur 1,7 Prozent Rentenerhöhungen), will ich hier nicht weiter eingehen. Wichtig und der Kern der ganzen Sendung: Die Rentenlücke könne nur über private Vorsorge geschlossen werden.
Wenn ein Durchschnittsverdiener (2.700 Euro netto) mit 30 Jahren anfange, 16 Prozent seines Nettoeinkommens in ETF-Aktienfonds anzulegen, könne er diese Rentenlücke schließen. Das sind nach heutigen Verhältnissen 430 Euro monatlich. Damit könne dann die Rente 80 Prozent des im Arbeitsleben erzielten Einkommens erreichen.
Willkommen im Abenteuer-Fantasia-Land. Seit sechs Jahren stagniert die Wirtschaftsleistung, das ist die größte und nachhaltigste Wirtschaftskrise der Bundesrepublik. Vollkommen unberührt davon klettert der DAX-Index im gleichen Zeitraum von 13.200 auf 23.000 Punkte. Jedem mit normalem Rechen- und Menschenverstand ausgestatteten Bürger muss doch klar sein: Das kann niemals auf Dauer gut gehen, da wird gerade eine Riesenblase aufgepumpt. Mit Platzen der Blase werden auch die Aktien-ETF pulverisiert. Mit pulverisierten Werten lässt sich keine Rentenlücke schließen.
Das öffentlich-rechtliche ARD ficht solche Fakten nicht an. Es betätigt sich als Propagandaorgan der Finanzwirtschaft. Es wird frech und völlig faktenfrei behauptet, die umlagefinanzierte Rentenversicherung könne die Probleme der Zukunft nicht bewältigen. Fachleute der DRV werden dazu selbstverständlich nicht (genau genommen nie) gefragt. Ein Blick in das nahe Österreich ist für die ARD-Wirtschaftsredaktion wohl weiter als zum Mars. Hier eine Hilfe zum Durchblick: In Österreich beträgt die Rentenersatzquote nicht 80 Prozent, sondern 87 Prozent. Dafür bezahlen die Beschäftigten dort 0,95 Prozent von ihrem Einkommen mehr ein als ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland. 0,95 Prozent statt 16 Prozent!
Um 87 Prozent ihrer Nettoverdienste als Rentner zu bekommen, zahlen Österreicher monatlich 26 Euro mehr als deutsche Rentenversicherte. Nach Empfehlungen von ARD/Finanztip müssen aber 430 Euro an Finanzmärkten angelegt werden, um 80 Prozent der Nettoeinkommen zu erreichen. Das ist das 17-fache!
Unglaublich? Fakten zum Rentensystem in Österreich: Der Beitragssatz zur Rentenversicherung: 22,8 Prozent. Beschäftigte zahlen davon 10,25 Prozent, die Firmen 12,55 Prozent. In Österreich zahlen alle in eine Versicherung ein, auch Selbstständige, Beamte und Politiker. In Österreich ist das Versorgungsniveau garantiert. Durchschnittsverdiener bekommen rund 800 Euro monatlich mehr als deutsche Rentner. Reichen die Beiträge nicht aus, gleicht der österreichische Staat die fehlenden Mittel automatisch aus.
Dazu muss man wissen: Die Wirtschaftskraft je Einwohner und das Lohnniveau liegen auf etwa gleicher Höhe. Obwohl das System in Österreich schon über zwei Jahrzehnte wirkt, ist die Wirtschaft nicht unter- und der Staat ist nicht pleitegegangen. Dafür knallen die Champagnerkorken in den Vorstandsetagen der Banken und Versicherungen erheblich seltener als bei ihren deutschen Kollegen.
(Reiner Heyse, 21.03.25)
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Das Rentenproblem wäre gelöst, wenn alle Bürger , auch Beamte und Abgeordnete für die Rentenkasse ihren Beitrag leisten würden!! Sie leben wie die Maden im Speck auf Kosten der anderen und kassiere dann auch noch Pensionen auf Kosten der anderen. Für mich sieht Gerechtigkeit anders aus!! Ohne daß man an dieses Problem ( und sich damit auch unbeliebt macht) wird sich nichts ändern!
Reyner Heyse meint auch er sei Zahler, er versteht schlichtweg das Geldsystem nicht, er folgt der Betrugslehrmeinung und Gesetzgebungen, wonach das Geld-, Wirtschaft- und Sozialwesen eine intermediäre Interaktion sei, demnach das Geld vom Himmel zufällt.
Die Umlage des Geldvolumens anstatt direkt zwischen Wirtschaft und Staat, über das Erwerbseinkommen, ermöglich den von den Sektenmitgliedern gewählten Sektenführern, ihren Spieltrieb ausleben zu können. Wir leben als Sektenmitglieder in einer mafiaähnlichen Sekte, namens Rechtstaat. Demokratie als Spielwiese für Scharlatane!
Welch ein Elend mit ARD und t-online !!!
Welch ein Glück, dass es wenigstens diesen – wenn auch eher einsamen – Rufer in der Wüste gibt – Reiner Heyse sei vielfach gedankt!