Auf den Artikel „Schlechte Nachrichten für die Freunde der Aktienrente“ erhielten wir einen Kommentar, der es lohnt, für alle Interessierten beantwortet zu werden. Zum besseren Verständnis der Sachverhalte ist die folgende Indexkurve hilfreich:
„Ideologische Wahrnehmungsfilter“?
Die Grafik steht konträr zur Bewertung des Leserkommentars:
„Wer wirklich Wohlstand für alle erreichen will, aber breit gestreute Aktienfonds verteufelt, versteht Wirtschaft nicht oder hat ideologische Wahrnehmungsfilter.
Dieser Glaubenssatz von der Aktie als „Spekulation“ und „Glückspiel“ ist immens schädlich für die Vermögenslage aller Menschen, vor allem der wenig Verdienenden. Er ist nicht rational begründbar.“ (Leserkommentar)
Der MSCI World Index bildet die Wertentwicklung von 1600 Aktien aus 23 Industrienationen ab. Breiter gestreut geht es nicht. Die Blasenbildungen sind krass und sehr deutlich erkennbar – haben nicht diejenigen, die das nicht zur Kenntnis nehmen, „ideologische Wahrnehmungsfilter“? Und wie anders als durch Spekulation können solche Blasen entstehen? Dass sich vor allem „wenig Verdienende“ in das Abenteuer stürzen sollten, braucht keine Kommentierung.
„Die Wirklichkeit verzerrt dargestellt“?
„Sie greifen einzelne Beispiele von Verlusten heraus, die nachweislich in der Minderzahl sind, so dass die Wirklichkeit verzerrt dargestellt wird. Sie schreiben, dass der norwegische Staatsfonds 2022 ein Verlustjahr erleidet. Sie schreiben aber nicht, dass die mittlere Rendite von 1995 bis 2022 Schnitt 5,7% betragen hat. Sie werfen den Medien Verschweigen vor, greifen aber selbst Fakten heraus, die zu Ihrer These passen, verschweigen aber die Hauptsache.“ (Leserkommentar)
Wieder der Verweis auf die obige Grafik: Nach dem Aktienboom-in den Jahren 2020/2021 erfolgte der starke Einbruch im Jahr 2022. Die eingebrochenen Aktienwerte sind nachweislich nicht in der Minderheit, sondern bilden die Realität ab, und zwar weltweit. Die in unserem Artikel aufgeführten Beispiele beziehen sich auf Werte bzw. Ereignisse zu Pensionsfonds. Die wurden zugunsten der Propaganda für die Aktienrente von den Mainstreammedien verschwiegen. Die T-Online Redaktion beispielsweise konnte sich nach der Propaganda-Show von Lindner zu seinem „Generationenkapital“ im Januar nicht bremsen und jubelte „Der Beginn einer großen Reform … Eine kleine Revolution für die Sparbuch-Nation Deutschland“.
Übrigens wurde die Entwicklung des norwegischen Staatsfonds von uns nicht verschwiegen. In dem Artikel ist auf das Zitat des Fondschefs Nicolai Tangen aus dem Dezember 2021 verlinkt:
„Im Durchschnitt haben wir in den vergangenen 25 Jahren eine Rendite von 6 Prozent erzielt. Jetzt bereiten wir uns auf ein Jahrzehnt mit niedrigerer Rendite vor. Vielleicht wird sie sogar negativ. Das müssen wir einfach akzeptieren.“ (Nicolai Tangen)
Was ist „nicht rational begründbar“?
„Aktien sind Anteile an Unternehmen. Unternehmen gehen Risiken ein. Wenn sie erfolgreich und produktiv sind, schaffen sie dauerhaft Arbeitsplätze und Einkommen. Wer sich an Unternehmen beteiligt, trägt dazu bei, dass sich Unternehmen als die einzigen Generatoren des Wohlstands für alle entwickeln können. Das nicht anzuerkennen, ist nicht rational begründbar.“ (Leserkommentar)
Unbestreitbar sind wertschöpfende Unternehmen „Generatoren des Wohlstands“ (wobei es auch eine Reihe von Unternehmen gibt, die Wohlstand vernichten). Aber was haben Aktienkurse mit den real wirtschaftenden Unternehmen zu tun? Rational begründbar ist der Zusammenhang offensichtlich nicht.
Wieder die obige Grafik als Interpretationshilfe genommen: Im März 2020 ereilte die Börsen der Corona-Schock – die Kurse brachen drastisch ein und das schien ja auch realistisch den lock downs im Wirtschaftsleben zu entsprechen. Doch dann passierte Folgendes: Die Wirtschaftsleistungen brachen in den Jahren 2020 und 2021 weltweit ein. Im krassen Gegensatz dazu explodierten die Aktienkurse geradezu. Und um die „Rationalität“ komplett zu machen: Im Jahr der wirtschaftlichen Erholung, 2022, brachen die Kurse im bereits erwähnten Umfang ein. Diese Vorgänge „rational“ zu begründen hat bis jetzt noch niemand geschafft. Oder?
„Verkaufe … so wie du es zum Leben im Alter brauchst“?
„Der Schluss ist einfach: Es gibt nur sehr wenige Kombinationen von Kaufjahr und Verkaufsjahr, in denen man einen Verlust erzielt hätte. Einziger Grundsatz: Investiere regelmäßig. Verkaufe nicht in Verlustjahren, verkaufe über mehrere Perioden, so wie du es zum Leben im Alter brauchst.“ (Leserkommentar)
Die realen Zahlen beweisen das Gegenteil. Im Ablauf der letzten 30 Jahre gab es nun wirklich viele und lange Zeiträume, in denen Verluste zu verzeichnen waren. Natürlich gab es auch die Zeiträume, in denen kräftige Kursgewinne realisiert werden konnten. Was nützt da die „einfache“ Empfehlung „verkaufe über mehrere Perioden, so wie du es zum Leben im Alter brauchst“. Das ist mit Verlaub blanker Zynismus: Das Leben richtet sich nicht an den Aktienkursen aus! Das Leben kann auch nicht unterbrochen oder reduziert werden, nur weil es die Börsenkurse gerade Mal im Keller sind. Das Leben darf kein Glücksspiel sein, bei dem ich gewinne oder verliere, je nachdem, wann ich geboren wurde, wann ich in Rente gehe und wie lange ich Altersversorgung benötige.
(Der Leserkommentar ist übrigens komplett unter dem Ursprungsartikel zu finden)
Anmerkung zu ETF:
ETF (Exchange-Tradet Fund) sind börsengehandelte Fonds, die in der Regel passiv verwaltet werden. In ihm werden beliebige Wertpapierindexe nachgebildet (z.B. DAX oder MSCI World) und deren Entwicklung sehr kurzfristig (im Minutentakt) über Rechenalgorithmen zu Indexwerten berechnet.
Die passive automatische Berechnung macht die ETF im Vergleich zu anderen, aktiv verwalteten Fonds, kostengünstig. Das ist aber auch der einzige Vorteil, denn die ETF folgen den Kursen der zugrundeliegenden Aktien 1:1. Sie unterliegenden den Kursschwankungen und den Haussen und Baissen an den Börsen, wie andere Wertpapiere auch. Risikostreuung bedeutet deshalb durchaus nicht Risikominimierung, sondern eher dem Folgen der Herde, im schlimmsten Fall entsprechend dem Zug der Lemminge ins Verderben.
(Reiner Heyse, 02.08.2023)
Moin nach Kiel,
stets wer gegen eine gesetzl. Rente im Finanzcasino argumentiert,
wird umgehend für ahnungslos, dumm etc. abqualifiziert.
Hier mal Kommentare, die auf der Facebook Seite „Die Rente muss zum Leben reichen“ zu lesen sind:
„Ich weiß ja nicht welche Ahnung der Schreiber des Artikels hat, aber von Aktien hat er keine!
Aktien kauft man nicht heute um sie morgen zu verkaufen. Und wer sich den Aktienindex in dem Beitrag ansieht, sieht dass bei regelmäßiger Anlage auch eine Dotcom Blase nichts ausmacht.
Es kann natürlich sein, dass der Schreiber einer von denen ist, die bei der T-Aktie die dritte Runde gezeichnet hat. Dann kann ich nur sagen selbst Schuld.“ . . .“Aktiensparen ist kein Spiel, leider fehlt in Deutschland dazu die Bildung in den Schulen“
Und: „wer heute jung ist und 10% seiner Sparrate in Aktien anlegt und diese lange hält, braucht sich im Alter keine Sorgen zu machen. Außer er kauft die Produkte die von den Volks und Sparkassen angeboten werden. Meine Meinung!!!“
„Es ist wie immer. Eine Aktienrente würde die Probleme lösen. Aber die Sozialverbände und deren mediale Sprachrohre arbeitslos machen. Als wird bekämpft was helfen könnte um die eigenen Interessen zu schützen.“
„irgendwie habt ihr den eigentlichen sinn von aktien nicht richtig kapiert – ich investiere in aktien eigentlich nich spekulativ sondern nach rendite – sprich dividende -dijenigen die spekultiv investieren können gute gewinne einstreichen aber auch sehr viel verlieren – enn man nach rendite anlegt gibt es eigentlich keine einzige anlage in den letzten 30 jahren die mehr rendite abgeworfen hat als aktien“ . . .
und so weiter . . .
Wer Glück damit gehabt oder sein Geld mit dem Verkauf von Finanzmarktprodukten verdient, will etwas Grundsätzliches nicht verstehen.
Wir liefern uns damit den Couponabschneidern aus.
Ein fatale Entwicklung.
Das ist gut auf den NachDenkSeiten . . nachdenkseiten.de/?p=101998 beschrieben:
. . „Es reicht ein Blick auf die Verhältnisse beim großen Bruder USA, um zu erkennen, was langfristig bei solchen Ansinnen auch noch auf dem Spiel stehen könnte.
Um sich dort einigermaßen für das Alter abzusichern, muss der Bürger z.B. rechtzeitig in vielversprechende Aktien investieren. Mehr oder weniger fatal ist es dabei, wenn dabei viele Bürger auf die gut gehenden und vielversprechenden Papiere des militärisch-industriellen Komplexes setzen – …oder eben auf eine Gewinn versprechende und mglw. umstrittene Ressourcenerschließung im Ausland (z.B. Agrarland, darunter auch Ukraine, Äthiopien usw.)
Eine funktionierende Alterssicherung hängt damit u.U. hochgradig auch vom langfristigen Wohlergehen dieser Branchen ab. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, welchen Einfluss solche Entwicklungen auf die Politik haben, sei es durch Druck seitens zahlloser Lobbyisten, die militärische Bedrohungssituationen und Verdachtsmomente zu „verkaufen“ suchen (s.a. Stichwort „war machine“) wo gar keine sind – und/oder durch das resultierende Wahlverhalten der Bürger, die ihre Aktienbündel natürlich gut angelegt wissen wollen. . . . „
Hallo, da sträuben sich bei mir die Nackenhaare – bei Niedrigverdiener von
„Vermögenslage“ zu sprechen ist gleich der Verhöhnung derjenigen die nicht wissen wie sie über die Runden kommen und täglich bei den Tafeln anstehenden um das „täglich Brot“ bekommen. Ja die Unternehmer gehen eben kein Risiko ein – es ist ja nicht (bei AG’s) ihr Geld sondern wie bei der Aktienrente eben das der „Niedrigverdiener“! Merke: gerade die Leute die die Aktienrente (auf Kredit) sich so heiss herbei wünschen warten ja nur darauf sich auf Kosten anderer sich zu bereichern. Da ist klar das der Schlips die Blutzufuhr zum Gehirn abschnürt! Wie war das noch bei der Kulturrevolution – ja – da wurden die Schlipsträger zum Arbeiten aufs Land
geschickt!