RentenZukunft – Rentenniveau entscheidend

Das Rentenniveau ist die zentrale Zielgröße.

Das Rentenniveau sagt grob gesagt aus, wie stark (oder schwach) die Renten an die Lohnentwicklung der aktiv Beschäftigten gekoppelt ist. Es ist damit ein Gradmesser, inwieweit durch die Renten der im Arbeitsleben erzielte Lebensstandard im Alter erhalten bleibt.

Mit „Rentenniveau“ ist immer das Verhältnis der sogenannten Standardrente zum Durchschnittslohn gemeint. Eine Standardrente bezieht, wer 45 Jahre lang den Durchschnittslohn bekommen hat und darauf Rentenversicherungsbeiträge geleistet hat. International üblich ist die Berechnung des Brutto- und des Nettorentenniveaus. Besonderheit in Deutschland: Seit 2005 wird das Nettorentenniveau mit dem Zusatz „vor Steuern“ ausgewiesen.

Die folgende Grafik zeigt, wie stark die Renten in Deutschland von der Lohnentwicklung abgekoppelt wurden. Diese Abkopplung wird nach den geltenden Gesetzen die nächsten Jahrzehnte fortgesetzt:

Im Jahr 2022 betrug der zu versteuernde Anteil der Rente 82 %. Im Jahr 2040 wird er 100% betragen, dann wäre nach heutigen Zahlen der Steuerabzug um 47 € höher und das Netto-Rentenniveau um weitere 2 Prozentpunkte auf 57,1% abgesunken.

Das üblicherweise verwendete „Rentenniveau vor Steuern“, sagt also nicht die ganze Wahrheit über das Netto-Rentenniveau. Wenn die Regierung jetzt verspricht das Rentenniveau auf 48 % zu stabilisieren, verschweigt sie, dass das Niveau der tatsächlich verfügbaren Nettorente weiter sinkt.

In trockenen Tüchern ist dieses halbseidene Versprechen noch nicht (April 2023). Solange haben die aktuellen Gesetze Gültigkeit. Die sehen neben den wachsenden Steuerabzügen eine weitere Dämpfung des aktuellen Rentenwertes und damit eine Abkopplung von der Lohnentwicklung vor.

Diese Formel und die zunehmende Besteuerung führen zum Absturz des Versorgungsniveaus in Deutschland. Man kann diese Entwicklung als eine durch Gesetze verordnete Rentenschwindsucht bezeichnen. Diese Rentenschwindsucht ist eine deutsche Krankheit.

Die beabsichtigte Strategie, mit Privatvorsorge und Betriebsrenten die provozierten Versorgungslücken zu schließen, ist krachend gescheitert. Die Riester-Rente ist tot und die neuen Betriebsrenten sind durch die Standardverbeitragung aus Entgeltumwandlung zu einem weiteren Zweig von Privatvorsorge geworden. Betriebsrenten sind darüber hinaus äußerst unterschiedlich in der Höhe und in der Durchführungsform. Sie erreichen auch nur einen Bruchteil der Lohnabhängigen.

Was bleibt ist die Rentenschwindsucht und damit ist Deutschland in Europa Vorreiter in Sachen Rentensenkungen. Dass es auch ganz anders geht, zeigt beispielsweise Österreich. In Österreich ist die Höhe des Versorgungsniveau gesetzlich garantiert. In Deutschland ist gesetzlich garantiert, dass das Rentenniveaus sinkt. Deutlich macht das die Berechnung der OECD in konkreten Zahlen.

Mit der festen Anwartschaftssteigerung von 1,78 % des jährlichen Bruttoeinkommens wird die Rente in Österreich fest an die Lohnentwicklung gebunden. In Deutschland ist die feste Kopplung der Rentenanwartschaften an die Löhne seit 1990 beseitigt worden. Mit der Einführung des Systems von Entgeltpunkten, denen ein kompliziert berechneter „aktueller Rentenwert“ zugeordnet wird, wurde die Abkopplung vorgenommen. Als Momentaufnahme beträgt die Rentenanwartschaft 2022 gerade einmal 1,0 % der jährlichen Bruttoeinkommen. Die OECD berechnete, dass dieser Anwartschaftswert im Jahre 2065 auf 0,92 % gesunken sein wird.

Aus all dem wird deutlich: Das Ziel einer lebensstandardsichernden Altersversorgung ist nur über eine sehr gundlegende Reform der gesetzlichen Rentenversicherung erreichbar. Das sozialstaatliche Ziel, für garantierte auskömmliche Renten zu sorgen, muss wieder als zentraler Anker gesetzt werden. Dazu muss das System der Entgeltpunkte mit dem zugeordneten, manipulativ berechneten aktuellen Rentenwert wieder beseitigt werden. Stattdessen sind feste und garantierte Anwartschaften (wieder) einzuführen. Dazu kann man nicht nur auf das österreichische Beispiel zurückgreifen. Auch in Deutschland folgen die Beamten- und die Politikerpensionen diesem Prinzip.

Die Tabelle zeigt bespielhaft, zu welchen Ergebnissen die jeweiligen Versorgungswerke führen:

Außer den RentnerInnen haben alle anderen in der Tabelle aufgeführten feste Anwartschaften – damit ist das Sicherungsniveau fest an die jeweiligen Einkommen gebunden. Der niedrige Anwart-schaftswert von 1% ist zufällig. Er war vorher höher und wird in der Zukunft noch weiter sinken.

Aus der Tabelle wird auch deutlich, dass ein Einfrieren des jetzigen Rentenniveaus nur bedeutet, die im Vergleich zu anderen Personengruppen bzw. Ländern sehr niedrigen Renten zu zementieren.

Der Vorschlag, eine wieder garantierte Anwartschaft von 1,5% einzuführen, ist keine abwegige Erfindung von RentenZukunft. Wir stehen damit in der Tradition guter Rentenpolitik in Deutschland.

Die Anwartschaftserhöhung von 1,0% auf 1,5% führt zu 50% höheren Renten, die neben der Lebensstandardsicherung zwei weitere Ziele erreicht:

  • Es werden sehr viele Renten über die Armutsgefährdungsschwelle gehoben.
  • Es werden die Abstände zu den anderen Versorgungswerken (Beamte, Politiker, Selbständige) erheblich verringert und damit eine akzeptable materielle Basis für eine gemeinsame Versicherung, die Erwerbstätigenversicherung,  geschaffen.

(*) Die 1,5% für die schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten gelten seit letztem Jahr. Bis zum Jahr 2007 waren es sagenhafte 3,675 %. Danach haben die Abgeordneten ihre Altersversorgung auf kapitalertragsabhängige Pensionskonten übertragen. Im Jahr 2018 mussten sie mit Erschrecken feststellten, dass ihnen mit der geänderten Pensionsordnung Hungerrenten drohten. Schnell wurde eine Kommission eingesetzt, die eine Rückkehr zu den garantierten Anwartschaften führte. Die 1,5% wirken bescheiden – führen aber zu annähernd auskömmlichen Renten. Ein Vorbild für alle Erwerbstätigen.

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