Die bestsituierten Damen und Herren blasen wieder stärker ins Horn: „Wir“ müssen mehr und länger arbeiten, sonst drohe der wirtschaftliche Untergang. Dabei stört sie nicht, das längeres Arbeiten die Wahrscheinlichkeit erhöht, früher zu sterben. Auf Demokratie oder ähnlichen Ballast pfeifen diese Menschen ebenso.
Beispiele der letzten Tage im Informationsportal der Deutschen Rentenversicherung:
Ihre Vorsorge 21. Mai 24: Die Chefin der “Wirtschaftsweisen”, Monika Schnitzer verlangt „Rente mit 63“ (die tatsächlich aktuell 64 Jahre und 4 Monate beträgt) nur für Dachdecker und Niedrigverdiener, für alle anderen sollte die Regelung entfallen.
Ihre Vorsorge 10. Juli 24: Bundesbank-Präsident Joachim Nagel fordert, das gesetzliche Rentenalter an die steigende Lebenserwartung anzupassen.
Ihre Vorsorge 19. Juli 24: Der Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, hält einen Renteneintritt erst mit 70 Jahren für Menschen mit Schreibtischjobs für zumutbar.
Diese Funktionsträger sind hochbezahlt und mit weit überdurchschnittlich hohen Lebenserwartungen ausgestattet. Sie haben mit der Lebenswirklichkeit der Menschen, gegen die sie unverschämte Forderungen erheben, nichts zu tun.
Die Folgen ihrer Forderungen nach Anhebung der Regelaltersgrenze wären fatal. Das ist bereits mehrfach wissenschaftlich bewiesen.
Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit verkürzt die Lebenszeit.
Menschen, die 1949 geboren wurden und ein Jahr länger arbeiten mussten, sind im Durchschnitt 6 Monate früher verstorben. Diesen Zusammenhang haben spanische und deutsche Wissenschaftler in einer gründlichen Untersuchung festgestellt. Die Veröffentlichung der Studie ist 2023 (aktualisiert: Juli 2024) erfolgt (1). In ihr wird analysiert, welche Auswirkungen die Abschaffung von Frühverrentungen auf die Sterbewahrscheinlichkeiten in Spanien hatte und weiter haben wird. (1967 wurde die Frühverrentung mit 60 Jahren in Spanien abgeschafft, ab da galt: Verrentung erst ab 65 Jahren).
Ein weiteres Ergebnis: „Die Verzögerung des Ausscheidens aus dem Arbeitsmarkt um ein Jahr erhöht das Risiko, zwischen 60 und 69 Jahren zu sterben um 4,4 Prozentpunkte (38%)“.
Die Autoren betonen, dass die Ergebnisse sehr wahrscheinlich auch auf andere Länder übertragbar sind.
„Schreibtischjobs“ sind keine Schonarbeitsplätze.
Die Daten der Untersuchung zeigen auch auf: Das Sterberisiko bei längerem Arbeiten nimmt bei physisch und psychisch belasteten Tätigkeiten nahezu gleich zu. Die Behauptung von Gesamtmetallchef Wolf, dass Schreibtischjobs weniger belastend seien, haben keine Basis. Das ist auch daran erkennbar, dass der Anteil an den Erwerbsminderungsrentnern die mit psychischen Erkrankungen dauerhaft arbeitsunfähig wurden, mittlerweile bei 42% liegt. Vor 25 Jahren waren es 20%. Ganz offensichtlich sind die krank machenden Belastungen am „Schreibtisch“ enorm angestiegen.
(DRV: „Erwerbsminderungsrenten im Zeitablauf 2023“)
Menschen mit niedrigem Einkommen sterben früher als Menschen mit höherem Einkommen.
Nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) sterben Rentnerinnen und Rentner mit niedrigem Einkommen bzw. Renten etwa 5 Jahre früher. In der folgenden Grafik werden die Rentner mit den höchsten 20 Prozent der ausgezahlten Renten mit denen der untersten 20 Prozent verglichen. (2)
Es wird deutlich: Wenn es um die Lebenserwartung geht, bleiben die Ärmeren immer weiter hinter den besser Verdienenden zurück. Die Zahl der durchschnittlich im Alter von 65 noch zu erwartenden Lebensjahre nimmt für die Männer in der obersten Einkommensgruppe viel stärker zu als für die in der untersten.
Hauptopfer – die heute Jungen! … und die Demokratie?
Im Ergebnis dieser Analysen muss davon ausgegangen werden, dass die Strategie des längeren Arbeitens für viele Millionen Menschen darauf hinausläuft, nicht nur kürzere Zeit Rente beziehen zu können, sondern auch früher zu versterben.
Viele Millionen werden den geforderten menschenfeindlichen Weg der oben zitierten Funktionäre nicht gehen können. Für sie würden die Abschläge für Verrentung vor der Regelaltersgrenze noch weiter steigen. Schon heute können Millionen Menschen nicht bis zum regulären Rentenalter arbeiten. Im Jahr 2021 wurden 8,5 Millionen Renten mit durchschnittlich 32 Abschlagsmonaten ausbezahlt. Das ist eine durchschnittliche Rentenkürzung von 9,6 Prozent.
Die Hauptopfer der längeren Lebensarbeitszeit, bzw. der vorgezeichneten Rentenkürzungen sind die jetzt Jungen. Sie werden in 20, 30 oder 40 Jahren die Ernte derartiger „Generationengerechtigkeiten“ einfahren müssen, indem sie gezwungen sind, bis 69, 70 oder noch länger zu arbeiten und/oder in Altersarmut zu enden.
Wollen die Menschen das in diesem Land? Nein! Seit vielen Jahren zeigen Umfragen mit Mehrheiten von 70 bis 90 Prozent, dass sie nicht länger arbeiten wollen. Dass sie Rentenkürzungen unsozial und ungerecht finden (hier ein Artikel dazu).
Interessiert das die meinungsbeherrschenden Medien oder die große Mehrzahl der ihren Wählern verantwortlichen Politiker? Nein! Für sie gibt es nur die angeblichen Sachzwänge und wirtschaftlichen Notwendigkeiten.
Grundgesetz Artikel 20: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus…“.
Der Verfassungsanspruch und die Wirklichkeiten entfernen sich immer weiter voneinander ….
(Reiner Heyse, 29.07.2024)
(1) “The Effect of Removing Early Retirement on Mortality” -July 2024
(2) Max Planck Institut für demografische Forschung, 2019-04: Georg Wenau, Pavel Grigoriev, Vladimir Shkolnikov „Wenig Rente, kürzeres Leben“ (hier das Dokument)
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„Grundgesetz Artikel 20: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus…“ …
ABER: … WO geht sie hin ?!
Wenn ein Staatsgebilde für sich den Anspruch gibt mein Sozialstaat“ zu sein, dann muss für diejenigen, die diesen Staat finanzieren“ (durch ihre langjährige Arbeit und mit den Abgaben) eine ausreichende Altersversorgung garantiert werden – analog den ReGIERenden !“
Chefs dürfen gerne bis Exitus malochen-falls die überhaupt malochen! Obige Kommentare sind mehr als zutreffend!
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Ich finde den Kommentar perfekt. Da meine Frau damals auch an der Kasse sass und für zwei Jahre länger arbeiten ohne Abzüge, hätte sie 20 € mehr Rente bekommen. Da habe ich ihr gleich gesagt, du gehst vor. In Rente hat auch ihre 9. Etwas Prozent Abzüge aber das schicken wir einen drauf und von der warte her unsere Herren. Da oben wissen sowieso nicht mehr was an der Basis noch los ist. Die sollten vielleicht mal mit 70 Jahren noch auf dem Dach arbeiten oder sonst irgendwelche anderen körperlichen Tätigkeiten mal ausfügen und von der war der gebe ich der vorsprecherin hier voll und ganz recht. Aber wie sie das auch sagte dazu äussern. Eigentlich bringt es gar nicht hier in Deutschland mehr. Hauptsache man kommt aus Libyen oder sonst wo. Danke schön
Es ist eine Frechheit was die Politiker mit der arbeitenden Bevölkerung macht. Wir arbeiten und Sie stecken das Geld ein. Ich darf am 1.7.2028 ohne Abzüge in Rente gehen!
Habe wahnsinnige Rücken und Schulterschmerzen. Könnte am 1.1.25 in Rente gehen mit 12,6% Abzüge bei einer Rente von 864 Euro. Mach ich nicht, geh am 1.1.26 in Rente mit 9% Abzüge. Habe F.f.Polstertechnik gearbeitet dann als Näherin. Immer Nebenarbeiten gemacht und sitz jetzt an der Kasse im Supermarkt. Die jungen Frauen bei mir auf Arbeit sind jetzt schon kaputt mit 35 Jahren. Es ist eine Schande wie in Deutschland mit der arbeitenden Bevölkerung umgegangen wird. Die staatlich Angestellten lachen uns aus. Die Wirtschaftweisen sollten mal im Supermarkt arbeiten, die würden aber schnell wieder gehen. Es ist ja eigentlich sinnlos was zu schreiben , es ändert sich ja doch nichts. Ich musste es aber mal loslassen.
Mit freundlich Grüßen
U.Uhlmann