Bei der Vorstellung des Rentenpakets II am 6. März passte kein Blatt Papier zwischen Finanzminister Lindner und Sozialminister Heil. Es hätte nicht viel gefehlt und der Christian und der Hubertus hätten sich in den Armen gelegen. Neben vermeintlichen Differenzen waren auch die Nachnamen verschwunden.
Und nachdem Herr Lindner frohlocken konnte: „Mit dem Generationenkapital treffen wir eine Zukunftsentscheidung die weit über das heute geplante Volumen hinausgeht,“ und gleich ein viel größeres „Generationenkapital 2.0“ ankündigte, kam der Höhepunkt:
„Über ein Jahrhundert wurden die Chancen des Kapitalmarktes in der gesetzlichen Rentenversicherung liegen gelassen, jetzt nutzen wir sie…“
Damit mutierte der Finanzminister zum Verblödungsminister. Kann es sein, dass er es nicht wusste, oder war es pure Geschichtsfälschung? Die gesetzliche Rentenversicherung war bis 1957 auf Anlagen an den Kapitalmärkten ausgerichtet. Dabei kam es zu zwei Totalzusammenbrüchen der angesparten Finanzanlagen (1924 und 1945). Aus diesen bitteren Erfahrungen wurden 1957 die Konsequenzen gezogen und von Kapitalanlage auf das krisensichere und nachhaltige Umlageverfahren umgestellt. Am Dienstag wurde verkündet, dass diese Lehren einfach ignoriert werden sollen.
Das „Generationenkapital 1.0“ ist eine unglaubliche Luftnummer.
Der Staat verschuldet sich im ersten Jahr 2024 um 12 Milliarden Euro, steigert den Betrag jährlich um 3%, bis er dann 2036 schon 17 Milliarden Euro Kredit aufnimmt. Dafür zahlt er Anleihezinsen, die zur Zeit zwischen 2,5 und 3 % betragen. Bis 2036 hat er dann zwischen 28 und 32 Milliarden Euro an Zinsen gezahlt. Im Kapitaltopf sollen sich dann, wenn alles gut läuft, 200 Milliarden Euro befinden, die eine Rendite von 10 Milliarden Euro (das wäre eine Realverzinsung von 5%) abwerfen soll.
Und diese 10 Milliarden sollen nach Rechnung Lindners und Heils verhindern, dass der Rentenversicherungsbeitrag im Jahr 2036 von 22,3 auf 22,6 % steigt. Mit anderen Worten: Die gefeierte Nutzung der Finanzmärkte bringt nach 12 Jahren steigernder Staatsverschuldung eine Entlastung der Rentenversicherung um 0,3 Prozentpunkte. Das sind für die Firmen und die abhängig Beschäftigten Sage und Schreibe je 0,15% der Bruttoeinkommen.
Das ist einfach lächerlich und hat mit einem Beitrag zur Bewältigung der Mehrkosten der geburtenstarken Jahrgänge rein gar nichts zu tun. Die spekulative Luftnummer macht nur Sinn als Auftakt zum angekündigten Generationenkapital 2.0. Dann wird es zur Sache gehen und das heißt nach Empfehlungen des Sachverständigenrates der Bundesregierung: 4% der Bruttolöhne als Zwangsabgabe an die Finanzmärkte.
Hubertus Heil: „Es ist nicht verantwortbar, dass das Rentenniveau weiter abstürzt…“
Das klingt gut, verschleiert aber zwei fundamentale Dinge: Das Rentenniveau ist seit 1990 schon um 13% abgestürzt. Im Besten Fall würde der Absturz also gebremst. Korrekter ausgedrückt wäre: die Rentenkürzungen der letzten Jahrzehnte werden zementiert. Das ist aber auch nur die halbe Wahrheit, denn das gesicherte Rentenniveau von 48% hat den Zusatz „netto vor Steuern“. Der Besteuerungsanteil der Renten steigt aber ständig weiter an. Das bedeutet, dass die netto verfügbare Rente (das tatsächliche Rentenniveau) seit 2005 ständig gesunken ist und bis 2040 weiter sinken wird. Das Versprechen „Sicherung des Rentenniveaus von 48 %“ erweist sich als reiner Etikettenschwindel.
Hubertus Heil meinte der versammelten Presse mitteilen zu müssen: „Es gibt Erwartungshaltungen von ganz links. Ich habe gelesen, dass einige ein Rentenniveau von 53% sich wünschen …“ was natürlich völlig unbezahlbar sei. Da werden sich die ganz linken Gewerkschaften IG Metall und ver.di, sowie die Sozialverbände SoVD, VDK und Volkssolidarität wundern. Der Sozialdemokrat Heil liest lediglich von ihren seit etlichen Jahren vorgetragenen Forderungen. Mit dem neoliberalen Scharfmacher – Sozialausgaben für drei Jahre einfrieren um den Kriegsertüchtigungshaushalt zu erhöhen – führt er intensive und harmonische Gespräche.
Das Rentenpaket II bringt nichts bis sehr wenig für die Versicherten. Nichts gegen Altersarmut und nichts für auskömmliche Renten. Es bedient die Interessen der Finanzkonzerne und eröffnet ihnen weitere profitable Perspektiven.
Wer nach richtigen Lösungen für die Krise der Altenversorgung in Deutschland sucht, wird sie bei den Ampelparteien nicht finden. Ein Blick nach Österreich ist sehr hilfreich. Sehr viel höhere Renten, Mindestrenten über der Armutsgrenze und eine Versicherung für alle. Das funktioniert da schon lange und kann hier genauso gut funktionieren.
(Reiner Heyse, 10.03.24)
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Ich als Sozialdemokrat, schäme mich für Hubertus.Ich sollte ihn ab jetzt “Herr Heil” nennen.
Im übrigen – schaut nach Österreich – ed funktioniert!!!
Das kann ich nicht unstützem. Wenn wir die Rente für die Zukunft sicher machen wollen , geht das nur mit der Erwerbstätigen Versicherung wo alle Einzahlen wie Beamte , Ärzte , Apotheker Selbständige, nur so ist eine Rente die vor Armut schützt. Das jetzige Vorhaben müssen wir stoppen sofort mit Demos.